Die ewige Suche nach dem richtigen Preis
Fragen Sie mal einen Entwickler von BMW, was sein Auto in der Herstellung kostet. Nun, er wird es Ihnen kaum sagen – aber er weiss es! Er kennt auch die Höhe der Marge, die ein Händler beim Weiterverkauf bekommen kann. Ganz anders erlebe ich es oft in der Hotellerie. Sogar zahlreiche Direktoren kennen nicht die fixen und variablen Kosten eines Hotelzimmers. Und ich rede da nicht von den großen Hotelgruppen, wo alles zentral gesteuert ist und der Manager des Hauses eher ein Erfüllungsgehilfe, statt eine innovative Bereicherung darstellt. In vielen Hotels definiert sich der Zimmerpreis nicht aus einer klug errechneten Kalkulation, sondern richtet sich nach dem Mitbewerber von gegenüber. Angeblich geht das nicht anders, sonst erhalte ich keine Buchungen. Aber ist das so?
Dieses verbreitete Denken hat weitreichende negative Folgen, die nun immer mehr deutlich ans Tageslicht kommen. Da wären die fehlenden Investitionsrücklagen in vielen Häusern, was an einer zunehmenden Abnutzung sichtbar wird. Andere schränken die Leistungen ein, stellen noch intensiver auf Fertigprodukte um oder reduzieren die Ausstattung, was nicht unbedingt den Zuspruch bei Stammgästen findet. Die beiden vorderen Plätze belegen aber das Meckern über OTA’s und der Mindestlohn. Denn diese Kriterien sind für viele Hoteliers, nach eigener Aussage, einfach unbezahlbar. Aber wieso eigentlich? Bei BMW werden die Fachleute nicht nur gut bezahlt, dort käme auch niemand auf die Idee, dass die Händlerprovision in der Fertigung schon inkludiert sein muss. Statt den Markt regional selbst zu verwalten, kreativ ein Internal Branding zu erschaffen, eine in sich schlüssige Marketingstrategie zu entwickeln oder an Gästebindungsmaßnahmen zu arbeiten, wird erwartet, dass Fachpersonal und Onlineportale billig & willig sein sollen. Schliesslich verlangt der Gast ja Preise wie beim Discounter und der Gast ist bekanntlich König. Aber leider waren es die Hoteliers, die den Gast an solche Preise erst gewöhnt haben. Und eine zu knappe Ausbildung, die fehlende Perspektive und Weiterbildung für die Mitarbeiter sowie das Festhalten an starren Hierarchien, trieb so viele Fachkräfte hinaus in andere Branchen.
Mit viel Freude wurde zur Kenntnis genommen, dass die Preisbindung bei HRS ungerechtferigt war. Nur kann das ja nicht als Ausrede dienen, dass allein HRS am Zustand schuldig war. Immer noch beteiligen sich Hotels an Aktionen wie 50% unter Normalpreis. Auch Groupon und Zimmerversteigerungen ab 1 Euro waren und sind keine Seltenheit. Jeden Gast ins Haus. Egal wie! Beliebigkeit nach allen Seiten und offen für jede Zielgruppe. Zur Messe wird dann 150% draufgeschlagen und am Ende habe ich ein loses Sammelsurium an Gästen ohne Bindung, die mich alle sofort verlassen, wenn es ein noch billigeres Hotel gibt. Und daher bin ich mir sicher, viele werden Direktvertrieb nun leider so verstehen, dass sie auf der eigenen Homepage die HRS-Provision abziehen und somit den Gast zeigen: „Schau, ich kann noch günstiger…“
Die sich dadurch immer schneller drehende Abwärtsspirale ist kaum aufhaltbar. Schon vor Jahren zeichnete sich der Fachkräftemangel ab, doch niemand wollte es glauben. Heute ist unser Seminar, was Wege zur Vermeidung aufzeigt, der meistgebuchte Renner. Die bisherige Hoffnung, dass der Kelch vorbeigehen wird, ist verpufft. Langsam macht sich merklich Panik breit. Spanier und Griechen sollen die Hotellerie retten. Der Mindestlohn soll ja nicht kommen, andererseits wird nun doppelter Lohn für Auszubildende geboten. Personalarbeit ist aber nur eine Komponente für ein funktionierendes Unternehmen. Wenn ich heute ein Hotel zwei Wochen vorher buche, so ärgere ich mich oft, denn 24h vor Anreise gibt es viel günstigere Preise. Bei einem Seminar von 10 Teilnehmern eine erhebliche Summe, die sich grummelig im Bauch bemerkbar macht. Noch mehr aber im Kopf, wo Vertrauen zerstört wird.
Ein Zimmerpreis muss so kalkuliert sein, dass er alle variablen und fixen Kosten deckt. Dazu zusätzlich noch ein wenig mehr für den Vertrieb und anteilig etwas für ein gutes Marketing, womit ich eine Marke aufbauen kann. Nach innen und außen! Und nicht zu vergessen der Bereich Weiterbildung und Personalentwicklung. Fähige Fachkräfte erhöhen schnell den Umsatz pro Kopf und zahlen mit Einsatz und Bereitschaft alles zurück, was in sie investiert wird. Dazu muss ihnen aber auch ein Raum zur Entfaltung gegeben werden. Sie sollen nicht, ja sie müssen sich einbringen. Jeder engagierte Mitarbeiter ist ein positiver Markenbotschafter! Ebenso wie ein zufriedener Gast, der für Sie auf Bewertungsportalen zu einem Fürsprecher wird. Wie Sie in Ihrem Unternehmen nach innen agieren, so werden Sie von draußen auch immer mehr wahrgenommen.
Es sind nämlich nicht billigen Preise, die ein Hotel den meisten Ärger bereiten. Es ist die eigene ausdruckslose Beliebigkeit. Das gesichtslose Agieren im Markt, wo der Gast das Haus nicht entdeckt oder selbst kein Argument findet, warum er dort buchen soll. Ich bringe an dieser Stelle immer das Beispiel eines Wochenmarktes ein, wo sich auch vier Würstchenbuden um Kunden bemühen. Eine Bude wird immer stärker frequentiert als die anderen. Aber ist dort die Wurst billig? Vielleicht ist der Stand einfach nur ansprechend gestaltet. Oder er hat eine gute Lage am Eingang. Oder die Stehtische davor stehen ideal in der Sonne. Vielleicht hat der Würtschenverkäufer auch nur immer einen netten Spruch auf den Lippen. Es kann natürlich auch am Empfehlungsmanagement liegen, weshalb die Bude einfach Kult ist. Der Ketchup ist eventuell einfach nur großartig. Oder die ganze Wurst geschmacklich eine Wucht. Durch Zufall ist sie es jedenfalls nicht und wer frequentiert wird, ist auch nicht billig.
Besinnen Sie sich auf die wahren Stärken. Richten Sie das Angebot auf die richtigen und vorhandenen Zielgruppen aus. Reduzieren Sie überflüssige Dinge und verstärken Sie die gewünschten Aspekte. Investieren Sie in Weiterbildung, lassen Sie Ihren Mitarbeiter bei den Strukturveränderungen Freiraum und nehmen Sie sich selbst zurück. Was Sie dort finanziell einbringen mag schmerzen, aber ein Produkt weiter unter Wert zu verkaufen, ist viel teurer.
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